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Ricky und die Spinne

Therapeutische FAQs

Wovon handelt Ricky und die Spinne?

Ricky und die Spinne spielt auf einer Wiese. Grashüpfer Ricky und Marienkäfer Lisa sind sehr unglücklich. Seit einiger Zeit lebt in ihrer Gegend eine Spinne, die von den Tieren merkwürdige Dinge verlangt. So darf Ricky nur in einem besonderen Muster über die Wiese springen, und Lisa muss jeden Abend vor dem Einschlafen ihre Punkte zählen. Die Spinne macht den Tieren Angst, dass etwas Furchtbares geschehen wird, wenn sie ihren Befehlen nicht gehorchen. Deshalb tun sie, was von ihnen verlangt wird und verstricken sich immer weiter in das Netz der Zwangskrankheit. Eines Tages ist Ricky so verzweifelt, dass er Dr. Eule um Rat fragt. Dr. Eule ist mit Rickys Problem bestens vertraut – allerdings muss er zuerst ein Kind finden, das ihn versteht und bereit ist, ihm zu helfen….

 

Für wen wurde Ricky und die Spinne entwickelt?

Ricky und die Spinne wurde entwickelt, um Verhaltenstherapeuten in ihrer Arbeit mit zwangserkrankten Kindern zu unterstützen. Mit einer Prävalenz von 2% gehören Zwangserkrankungen zu den häufigen psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Als wirksamste Therapien gelten heutzutage kognitive Verhaltens-
therapie und Medikation. Leider herrscht ein Mangel an Psychotherapeuten, die Zwangserkrankungen behandeln. Das liegt unter anderem daran, dass es gerade für Kinder noch wenig therapeutisches Material gibt. Das Computerspiel Ricky und die Spinne integriert die wichtigsten Behandlungselemente des verhaltens-
therapeutischen Ansatzes und bietet eine kindgerechte Metapher, mit deren Hilfe die Erkrankung, ihre Folgen und ihre Behandlung besser verstanden werden. Das Spiel möchte betroffene Kinder ermutigen, sich dem Zwang zu widersetzen und Verhaltenstherapeuten darin unterstützen, ein zwangserkranktes Kind zu behandeln.


Wie kann Ricky und die Spinne in der Therapie eingesetzt werden?

Ricky und die Spinne enthält verschiedene kognitiv-verhaltenstherapeutische Elemente, die auf gut evaluierte Therapiemanuale für Zwangsstörungen bei Kindern (March & Mulle, 1998; Piacentini, Langley, & Roblek, 2007), aber auch auf die klassische Behandlung von Zwangsstörungen bei Erwachsenen zurückgehen (Foa et al., 1983; Foa et al., 2005; Salkovskis, 1999).

Folgende Themen werden in Ricky und die Spinne behandelt:

  • die Beschreibung der Zwangskrankheit als einer Erkrankung, die sich immer mehr ausbreitet, je mehr Raum man ihr lässt (Level 1);
  • die Erläuterung des Gedankenfilters, der durch die Zwangserkrankung beschädigt ist und auch Unsinngedanken durchlässt (Level 2);
  • die Erläuterung des Werkzeugs, das im Kampf gegen die Zwangserkrankung gebraucht wird sowie die Aufforderung, den Zwang zu externalisieren, indem man ihm einen Spitznamen gibt (Level 3);
  • die Erstellung einer Hierarchie der Zwänge mit Hilfe der Zwangskarte (Level 4);
  • die Aufforderung zu einer ersten Expositionsaufgabe (Level 5);
  • die Aufforderung zu weiteren Expositionsaufgaben, wobei an das Werkzeug aus Level 3 erinnert wird (Level 6);
  • die Aufforderung zu neuen Expositionsaufgaben mit gleichzeitiger Psychoedukation zur Rückfallsprävention (Level 7);
  • die Überreichung einer Urkunde, die alles zusammenfasst, was im Spiel gelernt wurde (Level 8). Diese Urkunde wird farbig ausgedruckt und soll vom Therapeuten unterzeichnet werden.


In jedem Level wird das entsprechende Behandlungskonzept erläutert. Nach den ersten vier Level, die der Psychoedukation dienen, muss das Kind jeweils Fragen auf einem elektronischen Aufgabenblatt beantworten. Zusätzlich erhält es ein Hausaufgabenblatt mit ähnlichen Fragen. Ab Level 5 besteht die therapeutische Hausaufgabe darin, eigene Expositionsaufgaben durchzuführen – im Spiel ‚Mutaufgaben’ genannt. Ob diese therapeutischen Hausaufgaben bewältigt wurden, kann nur der Therapeut - in Zusammenarbeit mit den Eltern - beurteilen.

Die Bearbeitung eines Levels dauert maximal 15 Minuten. Die einzelnen Level sind kurz, aber inhaltlich sehr dicht. Es ist deshalb empfehlenswert, das jeweilige Level gemeinsam mit dem Kind anzusehen und es den Inhalt anschliessend nacherzählen zu lassen. Nach dem Ausfüllen des elektronischen Aufgabenblatts kann es sinnvoll sein, das Level noch einmal zu spielen. Zur Festigung der psycho-edukativen Inhalte des Spiels können die Aufgabenblätter in leicht veränderter Form ausgedruckt und mit nach Hause gegeben werden. Pro Therapiesitzung sollte nicht mehr als ein Level bearbeitet werden.

Was bietet Ricky und die Spinne nicht?

Ricky und die Spinne ist kein Selbsthilfe-Spiel und uninteressant für Kinder, die nicht an einer Zwangserkrankung leiden. Erkrankte Kinder, die Ricky und die Spinne ohne Anleitung durch eine Fachperson spielen, werden in der Geschichte vermutlich eine ganze Reihe ihrer eigenen Beschwerden erkennen. Trotzdem ist es anzuraten, das Spiel nur im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie einzusetzen. Schliesslich kann nur der Therapeut beurteilen, welche Expositionsaufgaben für das Kind in welchem Stadium geeignet sind, und inwieweit sie erfüllt wurden. Zudem ist der Überraschungseffekt weg, wenn ein Kind das Spiel zu Beginn der Therapie bereits kennt, und kann Ricky und die Spinne nicht mehr optimal zur Behandlung einer Zwangserkrankung eingesetzt werden.


Kann Ricky und die Spinne eine Psychotherapie ersetzen?

Ricky und die Spinne ist als unterstützendes Werkzeug für die verhaltens-
therapeutische Behandlung einer Zwangserkrankung konzipiert, enthält aber keine Zauberei. Zwar erleichtert das Spiel die therapeutische Arbeit, indem es eine passende Metapher und therapeutische Hausaufgaben liefert, aber die Behandlung einer Zwangserkrankung sollte weiterhin in erster Linie durch einen Verhaltens-
therapeuten in Zusammenarbeit mit einem Kinder- und Jugendpsychiater erfolgen.

Natürlich haben wir Verständnis, dass Eltern Ricky und die Spinne für ihr zwangs-erkranktes Kind bestellen wollen, auch wenn es nicht in psychotherapeutischer Behandlung ist. Die Gefahr, dass dies auf eine Enttäuschung hinaus laufen wird, ist jedoch erheblich, denn psychotherapeutische Computerspiele ohne begleitende Psychotherapie sind grundsätzlich kein ausreichendes Mittel, eine kindliche Störung zu beheben.


Fachliteratur

Foa, E., Grayson, J. B., Steketee, G. S., Doppelt, H. G., Turner, R. M., & Latimer, P. R. (1983). Success and failure in the behavioral treatment of obsessive-compulsives. Journal of Consulting & Clinical Psychology, 51, 287-297.
Foa, E. B., Liebowitz, M. R., Kozak, M. J., Davies, S., Campeas, R., Franklin, M. E., et al. (2005). Randomized, Placebo-Controlled Trial of Exposure and Ritual Prevention, Clomipramine, and Their Combination in the Treatment of Obsessive-Compulsive Disorder. Am J Psychiatry, 162(1), 151-161.
March, J. S., & Mulle, K. (1998). OCD in children and adolescents. A cognitive-behavioral treatment manual. New York: Guilford Press.
Piacentini, J., Langley, A., & Roblek, T. (2007). Cognitive-Behavioral Treatment of Childhood OCD. It's only a false alarm. New York: Oxford University Press.
Salkovskis, P. M. (1999). Understanding and treating obsessive-compulsive disorder. Behaviour Research & Therapy, 37(1), S29-S52.

Weiterführende Informationen

Für Eltern

Ricky und die Spinne ist kein Selbsthilfespiel und sollte nur in Zusammenarbeit mit einem behandelnden Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendpsychiater eingesetzt werden.

Kontakt

Veronika Brezinka
Psychiatrische Universitätsklinik Zürich
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (KJPP)
Neumünsterallee 9
8032 Zürich